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Bergwandern auf Teneriffa 2
15. November - 02. Dezember 2008

Ein Reisetagebuch - Teil 2

23. 11. 2008, Sonntag

Die Spanier sind alle eher spät zu Bett gegangen, zudem war die Nacht mit 14 Personen in einem Zimmer doch eher unruhig. Gegen 1 Uhr Nachts klingelte noch ein Mobiltelefon. Hüttenwanderungen sind definitiv nichts für mich.
Gegen fünf Uhr stehen die Spanier dann nach und nach auf. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. Schließlich quäle ich mich um halb 6 auch aus dem Bett. Nach dem Anziehen und Zähneputzen starte ich dann um etwa 6 Uhr Richtung Gipfel. Die Mehrzahl der Spanier ist bereits auf dem Weg. Casper und Franke brechen kurz nach mir auf.
Draußen ist es noch stockdunkel. Zwar kann man den Verlauf des Pfades auch im Dunkeln erahnen, dennoch ist eine Stirnlampe von enormen Vorteil. Manche der Spanier haben einfache Handlampen dabei, was im Prinzip auch kein Problem ist, da man beim Aufstieg nicht klettern muss und die Hände frei hat.
Auf den ersten dreihundert Höhenmetern schlängelt sich der Pfad gut sichtbar durch das Lavagestein. An mehreren Stellen sind Stufen eingebaut, im Weg liegende Felsen wurden aus dem Weg geräumt.
Ich starte mit der letzten Gruppe und gehe ganz gemütlich mein eigenes Tempo. Immer wieder überhole ich andere Wanderer und unterhalte mich unterwegs auch mit einigen von ihnen.
So erzählt mir z. B. eine Spanierin aus dem Norden Teneriffas, dies sei ihr siebenter und wohl auch letzter Besuch auf dem Gipfel. Ich erkundige mich danach, warum es der letzte Besuch sein solle und vermute, dass sie fortziehen würde. Doch sie erzählt mir, dass es zu teuer sei, den Teide zu besuchen, was mich doch sehr verwundert. Für die Übernachtung fallen 20 Euro an, für die Busfahrt hin- und zurück kommen noch einmal 5, 6 Euro hinzu, wenn man annimmt, dass die Bono-Card benutzt wird. Das wirft ein ganz interessantes Licht auf die Gehälter der Kanarier.
Ich überhole noch zwei Gruppen von Wanderern, dann sehe ich keine Lichter mehr im Dunkel vor mir.
Schließlich erreicht man den Bereich, der für die Seilbahntouristen zugänglich ist und stößt wieder auf die mit Lavagestein gepflasterte Wege. Kurz vor der Seilbahnstation zweigt schließlich nach rechts der Weg weg, der auf den Gipfel führt. Es gibt tatsächlich eine Vorhängekette, die vor unberechtigtem Zutritt abhalten soll.
Der Pfad auf den Gipfel selbst ist wiederum sehr einfach. Zwar verläuft er recht steil, aber er ist weitgehend gepflastert und mit Treppenstufen versehen. Schließlich erreicht man den den Krater am Gipfel. Hier dampft es überall und riecht stark nach Schwefel. Der Teide ist eben immer noch ein aktiver Vulkan, der zuletzt vor ein paar hundert Jahren das letzte mal ausgebrochen ist - erdgeschichtlich betrachtet ist ist das nicht einmal ein Wimpernschlag her.
Ich hege nicht den Ehrgeiz, unbedingt als Erster den Gipfel zu erreichen, doch ich bin erstaunt, als ich ganz oben niemanden antreffe. Ich führe meinen schnellen Aufstieg auf die gut Akklimatisierung zurück. Ich habe überhaupt nicht mit der dünnen Luft zu kämpfen, allerdings hatte ich in den Tagen zuvor einige Probleme mit Nasenbluten. Ich habe seit meiner Kindheit bei größeren Belastungen damit zu tun und ich bin es gewohnt; für mich ist es eher lästig als "schlimm".
Womit ich allerdings gar nicht gerechnet habe, waren spröde und von der Sonne verbrannte Lippen. Ich hätte mir noch einen speziellen Lippenstift mit hohem Lichtschutzfaktor einpacken sollen. Man lernt nie aus...
Vom Gipfel schweift der Blick über die ganze Insel und zu den Nachbarinseln - wenn nicht die Passatwolken wieder ein dichtes weißes Meer bilden und die Aussicht versperren. Da der Gipfel völlig frei liegt, kommt es einem tatsächlich vor, als würde man auf dem Dach der Welt stehen - was für diesen Teil der Welt ja auch stimmt.
Ich gönne mir im dunkel hoch über den Wolken auf dem Pico del Teide einen Gipfelschnaps und bin doch ein bisschen stolz auf meine Leistung. Langsam beginnt im Osten hinter dem Horizont die Sonne den Himmel rot zu färben - ein unvergleichliches Schauspiel.
Es dauert eine ganze Weile, bis der nächste Wanderer den Gipfel erreicht - es ist Casper. Wir gratulierten einander zur gelungenen Besteigung, und so nach und nach trudeln immer mehr Wanderer ein. Gipfelfotos werden geschossen, Glückwünsche ausgetauscht.
Es taucht unter anderem auch ein spanisches Pärchen auf, die den Aufstieg im Dunkel am Parkplatz begonnen haben und direkt zum Gipfel durchgestiegen sind - eine weitere Möglichkeit für alle, die sich die Übernachtung auf der Hütte sparen möchten.
Trotz T-Shirt, Hemd, einen dünnen Fleece-Pullover, Jacke sowie Strickmütze und dünnen Handschuhen ist die eine Stunde, die ich mich auf dem Gipfel aufhalte, verdammt kalt. Ein weiterer Pullover oder auch eine Daunenweste wäre nett gewesen.
Nach Sonnenaufgang mache ich mich auf den Rückweg zum Refugio, wo ich meinen Rucksack zurück gelassen habe. Nach einem gemütlichen Frühstück verabschiede ich mich von den noch verbliebenen Wanderern und mache mich auf den Weg hinab.
Zuerst laufe ich auf dem Weg Nr. 7, um dann auf den Weg Nr. 6 nach El Portillo zu wechseln. Die Landschaft auf dieser Strecke ist wunderschön - immer wieder wähne ich mich in den Kulissen eines Italo-Western.
Heraus komme ich schließlich am Besucherzentrum des botanischen Gartens, dass aber gerade wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist.
300 Meter weiter die Straße hinab gibt es ein Restaurant mit Café und Bar, wo auch der Titza-Bus hält. Es ist allerdings keine Bushaltestelle ausgewiesen! Der Bus talabwärts hält an der dreieckigen Verkehrsinsel.
Ich bin recht guter Laune an diesem Tag und laufe einfach die Straße entlang hinunter ins Tal. So bekomme ich auch eine Vorstellung von den Wäldern der Nordküste, den Pflanzen darin, den Bemühungen der Wiederaufforstung - und dem Verkehr!
Es ist ein Wahnsinn, was da an Autos den Berg hinauf und hinunter fährt. Dazu kommen all die großen LKW und die Busse, die sich ständig auf den engen Serpentinenstraßen begegnen. Dazu kommt, dass auf den Inseln bei weitem nicht so strenge Abgasnormen gelten wie auf dem Festland - besonders die Dieselfahrzeuge stinken.
Gegen 19 Uhr erreichte ich Orotava. Dort suchte ich mir ein Hotel und mietete mir für zwei Tage ein Zimmer. Nach einer üppigen Dusche und einer Rasur gehe ich noch einmal in den recht belebten Ort und gönnte ich mir ganz stillos und unspanisch eine Pizza und ein paar Biere.

24. 11. 2008, Montag

Nach dem Aufstehen, einer wohltuenden Dusche und dem Frühstück mache ich mich auf in den Ort und besorge mir als erstes eine Creme für meine geschundenen Lippen. Mittlerweile kann ich die Haut in Streifen abziehen. Anschließend verbringe ich den Tag mit viel Müßiggang und Lesen, einem Besuch im botanischen Garten sowie im Museum für Kunsthandwerk. Zwischendurch gehe ich in der Bibliothek, wo ich kostenlos meine E-Mails abgerufen kann.
Orotava ist besitzt eine recht sehenswerte Altstadt und wird hauptsächlich von Tagesausflüglern besucht. Es handelt sich also nicht um eine Touristenmetropole. Allerdings hat die Stadt so wie die ganze Insel mit einem viel zu hohen Verkehrsaufkommen zu kämpfen.
Die Kanaren sind weitgehend selbstverwaltet, hinzu kommt, dass eine Reihe von Gesetzen das Leben hier einfacher gestalten sollen. So bezahlt man hier nur 5 % Mehrwertsteuer. Benzin und Diesel sind hochgradig subventioniert - während meines Besuches kostet ein Liter Benzin 0,66 Euro - im Vergleich zu 1,40 Euro in Deutschland.
Der lange Aufenthalt in den Bergen und der Marsch ins Tal sitzt mir doch in den Beinen. Ich habe Muskelkater und fühle mich etwas schlapp. Bereits um 20 Uhr liege ich wieder im Bett.

25. 11. 2008, Dienstag

Nach dem Aufstehen um 7 Uhr 30 dusche ich und gehe anschließend zum Frühstück. Auf die Plane über dem Innenhof des Hotels prasselt der Regen. Gar nicht schön...
Um Viertel vor 9 verlasse ich das Hotel. Es ist niemand an der Rezeption, also werfe ich einfach den Schlüssel durch die Eisengittertür.
Draußen regnet es ziemlich stark. Ich muss mich mehrmals unterstellen, um stärkere Schauer abzuwarten. Am Busbahnhof angekommen studiere ich zunächst einmal die Fahrpläne.
Es ist anzunehmen, dass es im Anaga-Gebirge zur Zeit auch regnet. Keine verlockende Aussicht für eine Wanderung. Ich entscheide mich kurzerhand, einfach wieder zum Teide über die Wolken zu fahren.
Im Hyperdino-Supermarkt decke ich mich mit 4,5l Wasser, zwei Fischkonserven und Bohnen in der Dose ein. Zusammen mit dem Brot und der Cola vom Vortag und meinen mitgebrachten Vorräten habe ich Nahrung für ca. 3 Tage.
Mit dem Bus geht es dann wieder hinauf nach El Portillo (2,75 Euro). Dort angekommen esse und trinke ich unter dem Vordach des geschlossenen Besucherzentrums etwas, richte meine Kleidung und packe den Rucksack noch einmal neu.
Eine ganze Reihe von Wanderern treibt sich hier herum, viele wollen gerne ins Info-Center, allerdings scheint es recht schwierig zu sein, den ausgehängten Zettel zu lesen...
Ich will meine Zeit und die Gelegenheit nutzen, dem östlichen Rand der Caldera einen Besuch abzustatten. Ich gehe ein kurzes Stück auf dem Weg Nummer 4 und zweige dann ab auf den Weg mit der Nummer 8. Dieser führt außerhalb der Nationalparkgrenzen hinter den Gipfeln der Caldera entlang. Von hier aus hat man immer wieder einen schönen Ausblick hinunter in die Caldera und den Teide. Außerdem führt er an einigen interessanten Felsformationen vorbei. Der Weg verläuft dabei zu einem Großen Teil auf einer Höhe von 2400 Metern und mehr.
Die Strecke ist zum Teil mit dem Geländewagen befahrbar. Unterwegs begegne bin ich nur zwei Nationalpark-Mitarbeitern, die mit ihrem Nissan unterwegs sind, sowie einem weiteren Wanderer, der mich überholt, als ich gerade bei Cola, Brot und Bohnen eine Pause in den Resten einer alten Schutzhütte mache.
Später am Abend, als es schon sehr kalt und windig geworden ist, begegnet mir noch ein deutsches Pärchen kurz vor dem Alto de la Guajara. Sie wollen noch hinunter in die Caldera und zum Besucherzentrum (Weg Nr. 5). In ihren kurzen Hosen und T-Shirts tun sie mir fast ein wenig leid.
Ein wenig südlich des Alto de la Guajara suche ich mir eine windgeschützte Felsnische und verbringe dort die Nacht. Hier gibt es auch eine winzige Quelle - die einzige, die ich in meiner ganzen Zeit hier oben entdecken konnte. Um die kleinen Pfützen herum wächst Pfefferminze.
Wie gewöhnlich wache ich nachts noch zwei oder drei mal auf. Es ist frostig kalt und die Sterne flimmern richtig am Himmel, trotzdem kann ich sehr gut schlafen.

26. 11. 2008, Mittwoch

Zum Frühstück gibt es die eine Fischkonserve, eine Asia-Suppe und zwei Becher Cappuccino. Von Osten her schieben sich zunehmend Wolken in die Caldera. Ich beschließe, nach El Portillo zurückzugehen, und zwar innerhalb der Caldera auf dem Weg Nr. 4.
Ich starte eher spät und lasse mir auch unterwegs recht viel Zeit. In einer Senke der Caldera begegne ich einem Bautrupp der Nationalparkverwaltung, die Pflanzmaßnahmen durchführen wollen. Sie haben Gerät zum Zaunbau dabei - Draht, einen Erdbohrer, eine Ramme. Leider reicht mein Spanisch nicht aus, um in Erfahrung zu bringen, wovor die jungen Pflanzen geschützt werden müssen.
Auf der recht langen Strecke begegnen mir ca. 20 Wanderer, zumeist als Pärchen oder in Gruppen. Einige von ihnen nutzen Trekking-Stöcke, und fast alle tragen schwere Wanderstiefel. Mit meinen Turnschuhen falle ich richtig auf. Besonders negativ fällt mir auf, dass überall am Wegesrand vollgerotzte Taschentücher liegen. Ist es so schwer, die wieder mitzunehmen?
Mit der Zeit frischt der Wind von vorn auf und der Nebel nimmt zu. Schnell wird aus Nebel feiner Nieselregen. Trotz Strickmütze, Regenjacke und Handschuhen wird wir schnell kalt. In El Portillo gönne ich mir erst einmal einen Kaffee und trockne meine Sachen ein wenig ab.
Um 16 Uhr 15 soll dann der Bus talwärts gehen, jedoch ist der schon voll. Der Fahrer gibt mir und den anderen Wartenden ein Zeichen, dass wir den nächsten Bus nehmen sollen. Das soll im Bereich des Teide wohl öfter mal vorkommen. Ein Wanderer hat ein Thermometer mit dabei, die Temperatur liegt bei 10 °C. Durch des scharfen Wind und den Niesel kommt es einem aber wesentlich kälter vor.
Auf der Busfahrt nach Puerto de la Cruz (3,45 Euro) habe ich tatsächlich mit den ersten Anzeichen der Seekrankheit zu kämpfen. Die stickige Luft im Bus, die schaukelnde Fahrt und die durch Regen und Beschlag erschwerte Aussicht nach draußen machen die Fahrt nicht gerade zu einem Vergnügen. So bin ich auch froh, als wir endlich in Puerto de la Cruz ankommen.
Das Wetter hier unten an der Küste ist völlig anders als oben in den Bergen. Es ist warm und ein wenig schwül, dünne graue Wolken verhüllen den Himmel. Ich bin umzingelt von den großen Ferienhotels, Souveniershops und Restaurants, will nur so schnell wie möglich raus aus dem Ort.
Recht schnell erreichte ich entlang der Uferpromenade die Schnellstraße. In einem Supermarkt will ich noch Brot kaufen, doch es gibt keins. Überhaupt - von der Qualität des Brotes und der Brötchen war ich oft enttäuscht. Dass man wie in vielen anderen südlichen Ländern meist nur einfaches Weißbrot bekommt, ist ja normal, auf Teneriffa habe ich fast nur trockenes und geschmacksneutrales Zeug bekommen.
Als ich in El Rincon ankomme, einem kleinen Ort an der Küste, es ist schon dunkel. Zwischen großen Bananenplantagen hindurch führt eine Straße runter zur Küste. Von dort aus gibt es einen Fußweg zum Strand. Wie fast überall ist der Sand auch hier schwarz. Gewaltige Wellen brechen sich im Dunkel der Nacht an den Felsen, ein unablässiges Dröhnen erfüllt die Luft. Unter dem Vordach eines kleinen Strandcafés mache ich es mir bequem und koche mir eine Hand voll Reis mit etwas Soße. Gelegentlich prasseln Regenschauer auf das Blechdach.
Es dauert nicht lange, bis aus dem Dunkel, angelockt von den Düften aus meinem Kochtopf, ein paar Katzen auftauchen, sich jedoch in respektvollem Abstand halten. Insgesamt zähle ich 6. Gleich beim Müllcontainer um die Ecke entdecke ich einen großen Plastikkanister mit Trockenfutter, so dass wir alle uns noch die Bäuche vollschlagen können.
Den Rest der Nacht verbringe ich schlafend unter dem Schutz des Blechdaches.

27. 11. 2008, Donnerstag

Am Morgen nach dem Frühstück mache ich mich auf und erkunde den Rest des Strandes. Über eine Betontreppe geht es hinauf zu den mit Mauern eingefaßten Bananenplantagen. Eine Felsenklippe, die ins Meer hinaus ragt, birgt eine kleine Besonderheit: Einen Blasstein.Unter einem der Felsen verbirgt sich eine kleine Höhle. Über dieser Höhle befindet sich ein kleines Loch. Gelegentlich, wenn die Höhlung durch den Wellengang mit Wasser gefüllt ist und eine einlaufende Welle gegen die Höhlenöffnung donnert, entsteht eine Fontäne. Wie bei einem Springbrunnen wird das Wasser durch die kleine Öffnung an der Oberfläche gepresst und schießt fauchend 7, 8 Meter in die Höhe.
Entlang der Mauern der Plantagen verläuft ein kleiner Pfad unter dem Schutz einiger überhängender Heidesträucher. Dann folgt eine schmale, steile Treppe, die zum Strand hinab führt. Ein Schild verbietet das Betreten, aber ich ignoriere es einfach mal... Der schwarze Sand unter den Füßen ist fest, auch hier sind in letzter Zeit Wellen über den Strand bis an die Felsen gelaufen.
Überall finden sich Abdrücke von kleinen Pfoten. Die Tatzen sind gut gegliedert, man erkennt einzelne Finger und ausgeprägte Krallen. Diese Tierchen hoppeln anscheinend ähnlich wie Kaninchen: Die zwei Vorderpfotenabdrücke liegen nebeneinander, während die Abdrücke der Hinterpfoten mittig hintereinander liegen. Allerdings sind sie wohl um einiges kleiner als Kaninchen; ich tippe mal auf die Größe einer Ratte.
In den Felsen am Rande der Steilwand finden sich einige kleine Höhlen, in die das Meer einiges an Plastikmüll gespült hat; nichts interessantes. Etwa 5 Meter über dem Strand liegt die Betonruine eines Gebäudes, dessen näherer Sinn sich mir nicht erschließt. In einem der Räume finden sich zwei völlig verrostete V-12 Motoren. Dazu laufen einige Rohre in den Fels. Zwei kleine, enge Stollen verlaufen mit leichtem Gefälle tief in den Fels hinein. In einem liegen Schienen für eine Lorenbahn sowie ein völlig verrostetes Stahlseil. Die ganze Anlage ist völlig verwittert und zugemüllt. Schwere Felsbrocken sind die Steilwand herabgestürzt und haben die Betondecke durchschlagen. Die Ruine bildet einem wahren Schandfleck an diesem Strand, jedoch empfinde ich es als sehr tröstlich, dass offensichtlich gar nicht so viel Zeit verstreichen muss, um die Spuren menschlichen Wirkens wieder vom Erdboden verschwinden zu lassen.
Über eine Betontreppe kehre ich zurück zum Pfad an den Bananenplantagen. Bald bin ich wieder am Strandcafé, dass aber den ganzen Tag über geschlossen bleibt. Baden ist bei der herrschenden Brandung nicht möglich, obwohl das Wasser recht warm ist. Trotzdem kommen und gehen eine Menge Touristen, fast ausschließlich Deutsche. Ich nutze den Tag, um Einträge in meinem Tagebuch nachzuholen, zu lesen und gönne meinen müden Füßen eine Erholungspause. Nebenbei füttere ich die Katzen und mache einige Fotos von ihnen. Im Laufe des Tages zähle ich 10 Stück. Sie sehen gut genährt und sehr gesund aus. Auch mache ich Fotos von den Wellen und einigen Pflanzen auf den Felsen.
Die Nacht verbringe ich dann wieder unter dem Wellblechdach.

28. 11. 2008, Freitag

Zu Fuß laufe ich zurück nach Porto Santo. Von den Katzen ist an diese Morgen keine Schwanzspitze zu sehen.
In der Stadt gönne ich mir ein Frühstück, anschließend mache ich mich auf die Suche nach einem Laden, in dem man ein ganz normales T-Shirt und Socken bekommen kann. Das erweist sich als schwieriger als gedacht. Nebenbei kaufe ich etwas Schmuck für eine Freundin, mache ein paar ganz nette Fotos im Fischereihafen (was für kleine Boote die hier haben...) und rufe in einem Internetcafé E-Mails ab.
Ich bin ein wenig planlos, was ich nun machen soll. Mit dem Bus fahre ich nach La Laguna, finde den Ort aber nach ein, zwei Stunden recht ungemütlich. Mit dem nächsten Bus fahre ich weiter nach Santa Cruz de Teneriffa.
Meinen Plan, das Anaga-Gebirge zu besuchen, gebe ich nun endgültig auf. Statt dessen springe ich in den nächsten Bus nach El Medano. Der Bus fährt entlang der Autobahn und hält kurz an jeder Ausfahrt, um Fahrgäste aus- und zusteigen zu lassen.
In El Medano kaufe ich noch kurz etwas ein und verschwinde dann an den Strand unterhalb des Montaña Roja, wo ich schon zwei Nächte verbracht habe. Nach zwei Dosen Bier liege ich im Schlafsack...

29. 11. 2008, Sonnabend

Um 7 Uhr dreißig stehe ich auf und mache ein paar Fotos vom Sonnenaufgang. Nach dem Waschen und Zähneputzen gehe ich zum Frühstück in den Ort. Anschließend springe ich in den Bus und fahre nach Los Christianos.
Hier begegne ich erstmals, seit ich auf Teneriffa bin, den ganzen Auswüchsen des Massentourismus. Ein Hotelklotz reiht sich an den anderen, Restaurant neben Restaurant, Bar neben Bar, Souveniershop neben Souveniershop. Wie die Marktschreier fordern Kellner potentielle Gäste zum Besuch auf.
Und dann dazu die Masse der Urlauber... Massen von Menschen in schlechter körperlicher Verfassung, gekleidet in schlecht sitzende Kleidung, bekrickelt mit noch schlechteren Tätowierungen bevölkern die Strandpromenade. Obwohl es noch Vormittag ist, stehen auf den meisten Tischen der Restaurants Bier- und Schnapsgläser. Mir erscheint diese Art von Urlaub völlig sinnentleert.
Obwohl ich gut gefrühstückt habe, bin ich hungrig. Ich setze ich in eines der Restaurants, dass einen ganz gepflegten Eindruck macht und nette Musik am laufen hat. Ich bestelle Fisch. Die Kellnerin hat mordsmäßig viel zu tun. Irgendwie wird alles durcheinander geordert: Mal Mittag, mal Frühstück, dann wieder Bier und Mittag, auch harte Drinks. Die Frau tut mir richtig Leid.
Nach dem Essen steige ich in eines der Boote, die hinaus zum Whalewatching fahren. Die übrigen Fahrgäste sind bunt gemischt: Deutsche, Engländer, Schweden, Spanier, jung, alt, dick, dünn...
Der Katamaran fährt hinaus in die Gewässer zwischen Teneriffa und La Gomera. Es dauert auch nicht lange und bald sind die ersten Rückenflossen einiger Pilotwale ausgemacht. Durch den Glasboden des Bootes kann man die Tiere auch unter Wasser beobachten.
Nach zwei Stunden ist der Trip vorbei. Einerseits war es ein nettes Erlebnis, die Tiere mal aus der Nähe zu sehen. Andererseits weiß ich nicht so recht: Es sind wohl 5, 6 Boote,die jeden Tag 3 - 4 mal hinausfahren und Wale beobachte. Und es sind ja immer wieder die selben Herden, die beobachtet werden. Entwickeln die Tiere überhaupt noch ein normales Verhalten?
Andererseits sorgt der Waltourismus natürlich dafür, dass sich eine breite Masse von Menschen diesen Tieren nähern kann - das schafft emotionale Nähe und eine Lobby für die Wale.
Ich springe wieder in den Bus und fahre weiter nach Los Gigantes. Dabei kommt der Bus durch Playa del Americas - noch so eine Hotelburgensiedlung. Im Bus ist es proppenvoll und stickig. Das was ich aus dem Fenster sehe ist in meinen Augen einfach nur schrecklich. Hotel an Hotel, ein Betonkomplex nach dem anderen. Dazwischen immer wieder Lücken - entweder Baustellen oder Verfall. Dazu ein wahnsinniger Verkehr. Und das alles auf so einer kleinen Insel...
In Los Gigantes ist es wieder schöner. Die Anlagen machen nicht so einen gigantischen Eindruck, alles kommt einem etwas heimeliger und gepflegter vor, obwohl hier auch alles bebaut ist. Ich vermute, hier ist es auch teurer.
Im Hafenbecken lassen sich richtig große Fische mit Brot füttern. Sie sind bestimmt 60, 70 cm lang und größer, es ist ein richtiger Schwarm. Doch am beeindruckendsten ist die Steilküste. Bis zu 450 Meter sollen es sein, die das Land hinunter ins Meer abbricht. Im Westen sieht man die Insel La Gomera im Sonnenuntergang.
Ich verschwinde aus dem Ort und suche mir ein stilles Plätzchen für die Nacht.

30. 11. 2008, Sonntag

Nach dem Aufstehen, Waschen, Zähne putzen mache ich mich auf den Weg und laufe nach Tamaimo. Hier besorge ich mir in einer Tankstelle ein Frühstück - Brot, Fruchtsaft, zwei Schokoriegel. Dann warte ich auf den Bus. Ich will nach Icod de los Vinos, einen Ort an der Nordküste. Dort steht der größte und älteste Drachenbaum der Welt.
Je weiter der Bus nach Norden kommt, desto grüner wird die Landschaft. Man sieht viele kleine Terrassenfelder, die nun aber nicht mehr bewirtschaftet werden. Opunzien und Wolfsmilchgewächse haben die steinigen Flächen überwuchert.
Icod de los Vinos selbst ist eigentlich eine ganz normale Ortschaft. Außer der Tatsache, das hier Wein angebaut wird und eben der Welt älteste und größte Drachenbaum steht, gibt es augenscheinlich nichts Besonderes: Eine Tankstelle, einen Busbahnhof mit einer Kneipe, eine Kirche mit einem schönen Park, eine Reihe von Geschäften, eine ganze Reihe von Läden, die Souvenirs und Wein verkaufen.
Der Drachenbaum ist wirklich schön und steht separat in einem kleinen Garten. Man kommt nicht so ohne weiteres heran, und das ist wahrscheinlich auch besser so. Man kann ihn aber von der Promenade bei der Kirche aus sehr schön sehen und auch Fotos machen.
In der Kneipe am Busbahnhof ist richtig was los: Zwei Betrunkene machen sehr viel Lärm und poltern mit den Bierflaschen auf dem Tisch herum, bis sie hinaus geworfen werden. Eine Frau, bepackt mit mehreren Plastiktüten, pöbelt eine ganze Weile lauthals auf den Wirt ein, der vor lauter Stress und Ärger gar nicht dazu kommt, mein Sandwich fertig zu machen. Die übrigen Gäste beobachten neugierig das ganze Spektakel und geben beizeiten Kommentare zum Geschehen ab. Im Hintergrund plappert die ganze Zeit der Fernseher, es läuft CNN auf Spanisch, George W. Bush ist zu Besuch in Indien... Ich bestelle mir noch ein Bier.
Auf den Bus muss ich eine ganze Weile warten, dann geht es weiter in Richtung Los Silos. Ich will Michael und der Finca seiner Freundin einen Besuch abstatten. Ich steige aber schon etwas früher aus, da es an der Küste sehr nett aussieht. Die Spanier lassen die ganze Zeit Böllerschüsse losgehen und brennen Feuerwerk ab - es ist der 1. Advent. In Garachico mache ich ein paar Fotos von einer kleinen Festung. Die Grillplätze sind gut besucht, überall sieht man Familien am feiern.
In Los Silos erkundige ich mich in einer Tankstelle nach der Straße, in der sich die Finca befindet. Die Straße führt zwischen Bananenplantagen den Berg hinauf, doch leider kann ich die Finca selbst nicht entdecken. Auch zwei Jungen, die mir begegnen, können mir nicht weiter helfen.
Kurzentschlossen sitze ich wieder im Bus. Ich fahre nach Puerto de la Cruz, kaufe dort im Supermarkt noch ein paar Lebensmittel und etwas Katzenfutter. Nach meiner kurzen Stipvisite in Los Christianos und Playa del Americas erscheint mir der Ort trotz der vielen Hotels und der Touristen viel schöner und entspannter als bei meinem ersten Besuch.
Um 8 Uhr am Abend bin ich in in El Ricon am Strand und füttere die Katzenmeute.

1. 12. 2008, Montag

Um 7 Uhr beginnt es hell zu werden. Ich gehe hinunter zum Strand und wasche mich in der Brandung. Von den Katzen ist mal wieder nichts zu sehen. Spätaufsteher eben...
Ich packe meine sieben Sachen und laufe zurück nach Puerto de la Cruz. So langsam wird mir dieses ziellose hin und her über. Ich bin eigentlich schon viel zu lange hier auf der Insel. Ich brauche einen vernünftigen Plan, was ich mit dem Tag anfange. Gegen Abend möchte ich auf jeden Fall in El Medano sein. Ich könnte noch mal nach El Portillo fahren, ich könnte noch mal versuchen die Finca in Los Silos zu finden. Doch auch der botanische Garten in Puerto de la Cruz ist einen Besuch wert.
In Puerto de la Cruz bestelle ich mir erst einmal ein Frühstück. Ich lasse mir viel Zeit beim Essen und schreibe mein Tagebuch. Nach einer weiteren Tasse Kaffee schlendere ich durch den Ort und schaue mir die Auslagen der Geschäfte an. Es wird überwiegend wertloser Plunder und Nippes angeboten. Ich kann nur mit dem Kopf schütteln.
Schließlich entscheide ich mich doch für den Besuch im botanischen Garten. Ich habe einfach keine Lust, sinnlos mit dem Bus umher zu fahren. Es ist wirklich schön hier und es gibt eine Menge interessanter Pflanzen zu sehen. Außerdem ist es hier verhältnismäßig ruhig, nur leise dringt der ständige Verkehrslärm in die Anlagen. Die 3 Euro Eintritt sind ihr Geld wert.
Vom Busbahnhof aus fahre ich dann nach Santa Cruz de Teneriffe. In der Bahnhofskneipe esse ich zwei Brötchen und trinke zwei Bier. Dann fahre ich weiter nach El Medano.
Im Ort kaufe ich mir noch Brot, etwas Schokolade und eine Flasche Wein und mache mich auf den Weg zu meinem vertrauten Schlafplatz unter dem Montaña Roja. Morgen geht der Flug zurück nach Hause...

2. 12. 2008, Dienstag

Um halb 8 schäle ich mich aus dem Schlafsack. Waschen, Zähne putzen... Ich sehne mich nach einem heißen Wannenbad und einem richtigen Bett - meinem Bett.
In El Medano kaufe ich nur etwas Saft, sonst halte ich mich nicht weiter auf. Ich laufe die Strecke zum Flughafen querfeldein zu Fuß. Es ist der gleiche Weg, auf dem ich zu Beginn meiner Reise nach San Isidro gelaufen bin. Gegen 12 Uhr 30 bin ich am Abflugschalter.
Auf der Flughafentoilette wasche ich mich noch einmal so gut es geht. Anschließend sitze ich bei Burger-King und futtere einen Burger mit Pommes Frites. Irgendwie schmeckt mir der Kram nicht...
Endlich öffnet der Flugschalter und ich kann meinen Rucksack einchecken. Nach der Personenkontrolle heißt es wieder warten. Ich bummele durch die Geschäfte auf der Suche nach einem nützlichen Souvenier oder etwas Interessantem zu Lesen, werde aber nicht fündig.
Endlich sitze ich im Flugzeug, endlich sind wir in der Luft. Fünf Stunden dauert der Flug. In Bremen dann noch etwa 20 Minuten auf's Gepäck warten, dann zum Auto. Mittlerweile ist es 22 Uhr 30.
Bald bin ich auf der Autobahn und nach fast zwei Stunden bin ich Zuhause. Ich lasse mir ein heißes Wannenbad einlaufen, stopfe meine dreckigen Klamotten in die Waschmaschine.
Gebadet und frisch rasiert rufe ich noch mal meine E-Mails ab, während ich nebenbei eine Pizza esse. Schließlich komme ich um 2 Uhr Morgens zur Ruhe und liege endlich in meinem Bett. Um 6 Uhr 30 klingelt der Wecker, um 7 Uhr 30 muss ich auf der Arbeit sein.

Willkommen im Alltag...

Jens

Reiseinformationen Teneriffa

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